B 9272 "Capella"

Die B 9272 "Capella" ist eine 3-Wege Kompakt-Box mit 12 Litern Nettovolumen und beruht auf dem gleichen Entwicklungskozept wie B 9271 "Corona". Aufbauend auf diesen Erfahrungen stellt die Box eine preiswertere, klanglich überarbeitete Weiterentwicklung dar. Aufgrund der technischen Ähnlichkeiten erfolgt die Beschreibung zum Teil mit dem Text der "Corona".

Ein Grund dafür, daß die "Capella" 100,- Mark pro Stück weniger als die "Corona" kostet, ist die die einfachere mechanische Konstruktion des Gehäuses. Das Gehäuse aus Faserplatte ist nun eckig, der Tieftonlautsprecher einfach direkt auf die Front der Box geschraubt, die beiden Kalotten in einer gemeinsamen gefrästen Sicke montiert. Zur mechanischen Entkopplung vom Gehäuse und zur Abdichtung sind alle Lautsprecher auf paßgenauen Gummieinlagen montiert. Eine weitere Besonderheit ist, daß zur Lautsprecherbefestigung nicht einfach Holzschrauben verwendet werden, sondern brünierte M4-Kreuzschlitzschrauben, die in Dübel eingeschraubt sind.

Die Lautsprecherbestückung wurde unverändert von der "Corona" übernommen. Als Tieftonlautsprecher kommt der L 2621 mit einer Belastbarkeit von 40 VA und einem Korbdurchmesser von 16 cm vom VEB Elektroakustik Leipzig zum Einsatz. Durch den Einsatz dieses Lautsprechers wird in nahezu identischem Boxenvolumen eine tiefere untere Grenzfrequenz und eine geringere Schalldrucküberhöhung im Bereich von 100 Hz gegenüber dem sonst verwendeten L 2921 erreicht. Nachteilig ist jedoch die geringere Kennempfindlichkeit des Lautsprechers, weshalb man für den Betrieb einen leistungsfähigen Verstärker benötigt.

Als Mitteltonlautsprecher kommt in der "Capella" die 30 mm Gewebe-Kalotte L 9821 mit einer Belastbarkeit von 25 VA zum Einsatz. Sie verfügt über eine relativ lineare Übertragungskurve, allerdings nur über einen relativ schmalen Frequenzbereich. Vorteilhaft ist weiterhin die gute räumliche Schallverteilung der kleinen, kugelförmigen Membran, von Nachteil jedoch der schlechte Wirkungsgrad, der aber im Gesamtkonzept nicht negativ auffällt.

Im Hochtonzweig kommt ebenfalls ein Gewebe-Kalottenlautsprecher L 9811 mit einer Balstbarkeit von 25 VA zum Einsatz. Im Vergleich zur sonst eingesetzten Kalotte L 9801 mit Polycarbonat-Membran ist er höher belastbar klingt etwas weicher, hat aber eine geringere Kennempfindlichkeit. Eine gute räumliche Schallverteilung durch die geringere Bündelung der hohen Frequenzen gegenüber herkömmlichen Konushochtönern zeichnet auch die neue Hochtonkalotte aus.

Bei der Frequenzweiche findet man die Sparmaßnahme. Die drei Lautsprecher sind über eine elektrische Frequenzweiche mit einer Flankensteilheit von 12 dB / Oktave für Tief- und Mittelton-, bzw. 18 dB / Oktave für den Hochtonzweig zusammengeschaltet. Die Dimensionierung der Weiche wurde für eine Klangverbesserung im Mittel- und Hochtonbereich überarbeitet.
Alle Teile der Frequenzweiche, die hochwertige MKT-Kondensatoren im Hochtonzweig und eine Ferrit-Kern-Spule im Tieftonzweig beinhaltet, sind auf einer Platine untergebracht.
Auf die aufwendige, in der "Corona" eingesetzte Schutzschaltung wurde in der "Capella" vollständig verzichtet. Begründet wurde das aufgrund von Betriebserfahrungen mit der "Corona", da diese im Betrieb an einem normalen DDR-Verstärker mit 25 Watt nahezu nie abgeschaltet haben und somit der Aufwand nicht lohnt.

Auch die optische Gestaltung der "Capella" hat aufgrund des geringeren Preises etwas gelitten. Das eckige Gehäuse ist mit Dekorfolie in den Farben braun oder metallic-alu beklebt. Die vollflächige, abnehmbare Blende, die auch eine Funktion der Schallführung übernimmt, besteht aus einer dicken, in Form gefrästen Spanplatte, die mit braunem, dunkelgrauem oder blaugrauem Stoff bespannt ist. Die Blende ist mit 4 Plaststiften in der Box befestigt. Die Verarbeitung der abgenommenen Blende wirkt allerdings etwas billig.
Auch auf das schöne, große Typenschild aus Aluminium wurde bei "Capella" verzichtet.

Die B 9272 "Capella" wurde auf der Leipziger Herbstmesse 1984 das erste mal der Öffentlichkeit vorgestellt.


Technische Daten:

Nennbelastbarkeit:

50 W

Höchstbelastbarkeit:

75 W

Nennscheinwiderstand:

4 Ohm

Übertragungsbereich:

40 - 20000 Hz

Trennfrequenzen:

1,3 kHz; 5,3 kHz

Kennempfindlichkeit:

83 dB

Betriebsleistung:

18 W

Länge der Anschlußleitung:

3 m

Nettovolumen:

12 l

Abmessungen (B x H x T):

255 x 350 x 240 mm

Masse:

8,0 kg

Preis pro Box:

395,- M


Stromlaufplan


Übertragungskurve



Klang der Box

Genaue Angaben über den Klang der "Capella" können wir leider nicht machen. Obwohl wir schonmal welche hören konnten, ist eine genaue Beschreibung aufgrund schlechter Vergleichsmöglichkeiten kaum möglich.

Der Vergleich wurde bei nicht optimaler Aufstellung der Boxen, UKW-Radio als Quelle nur mit K 13 "profiL" durchgeführt. Da war jedenfalls der subjektive Klangeindruck, sicherlich auch mit beeinflußt durch den höheren Pegel der K 13, eindeutig zugunsten der K 13. Die "Capella" klang im Vergleich dumpfer, deutlich leiser und generell etwas "matschig".

Ich denke, daß sich "Corona" und "Capella" klanglich eher wenig unterscheiden. Die in der DDR-Fachliteratur erwähnten Verbesserungen auf der Frequenzweiche belaufen sich meiner Meinung nach eher darauf, daß der Fehler mit der Spulenbefestigung mittels Metallstiften behoben wurde. Weitere Änderungen auf der Weiche sind, wenn man die Stromlaufpläne vergleicht, keine wesentlichen zu verzeichnen, weshalb der Klang der Box auch weiterhin nicht besonders gut ist.
Ich denke, "Corona" und "Capella" klingen ziemlich ähnlich, deshalb siehe auch die Klangbeschreibung der "Corona".

Die Eindrücke über das Klangbild der Box sind natürlich subjektiv und somit Geschmacksache.


Klangtuning

Wir haben leider keine "Capella" zur Verfügung um an denen Weichenänderungen vornehmen zu können. Da die "Capella" von der Konstruktion und Lautsprecherbestückung praktisch identisch mit der "Corona" ist, werden deren Weichenänderungen auch bei der "Capella" funktionieren, weshalb ich die Beschreibung auch mit dem Text der "Corona" vornehme.

Meine aktuelle Version der "Corona" klingt für meine Begriffe schon wirklich ziemlich gut, etwa auf dem Niveau einer BR 25. Den Grundstein dafür legt ein in der Rückwand der Box plaziertes Baßreflexrohr einer BR 25 (Länge 16 cm, Durchmesser 45 mm) und ein lockeres Befüllen der Box mit Dämmaterial. Es sorgt mit einer Abstimmfrequenz von 42 Hz für eine tiefreichende Baßwiedergabe bei erhöhtem Schalldruck. Außerdem wird so die Überhöhung bei 100 Hz wirksam unterdrückt.

Weitere Verbesserungen in Bezug auf die Feinabstimmung bei den Trennfrequenzen und der räumlichen Schallverteilung werden durch Veränderungen auf der Frequenzweiche möglich. Auf konventionelles Tuning, wie dicke Kabel, goldene Anschlußterminals, selektierte MKT-Kondensatoren oder das Totlegen der Schutzschaltung habe ich bewußt verzichtet, da es bei der Qualität und Fertigungstoleranz der Lautsprecher wirklich nicht auf solche Feinheiten ankommt.

Die Verringerung des Wertes der Reihenspule bei identisch belassener Parallelkapazität im Tieftonzweig sorgt für einen konstanten Pegel bis zur Trennfrequenz , die zusätzlich etwas nach oben, auf ca. 1,5 kHz verschoben wird.
Der Mitteltonzweig bleibt eigentlich relativ unverändert, natürlich darf der Metallstift nicht den Wert der Spule verändern. Auch sollte die serielle Spule im Mitteltonzweig

mit dickerem Draht gewickelt werden, damit der ohmsche Widerstand gegenüber dem Wert der Originalspule (mit 1,1 Ohm) verringert wird. Der Hochpaß des Mitteltonzweiges bleibt unverändert und ist weiterhin 1. Ordnung, die Kalotte ist robust und kommt (zumindest nach meinen Erfahrungen) mit dem relativ hohen Anteil tiefer Frequenzen gut zurecht.

Die Trennfrequenz des Hochtonzweig wird durch größere Kondensatoren und eine größere Spule etwas nach unten verlegt (auf ca. 3,5 kHz). Man kann alternativ auch einfach die Originalspule mit dem Metallstift befestigt lassen, das kommt dann auch ungefähr hin. Weiterhin habe ich den Reihenwiderstand vor dem Hochtonlautsprecher entfernt, um den Pegel des Hochtöners dem etwas erhöhten Gesamtpegel der Box anzugleichen. Als letztes wird nun noch der Hochtöner verpolt angeschlossen um die durch den Filter hervorgerufene Phasendrehung etwas auszugleichen.

Die Weichenänderungen sorgen in erster Linie dafür, daß die Pegeleinbrüche bei den Trennfrequenzen deutlich geringer sind. Dies erfolgt durch das Anheben der Trennfrequenz des Tieftonzweiges und Absenken der Trennfrequenz des Hochtonzweiges. Weiterhin wird durch die Änderungen erreicht, daß sich das räumliche Abstrahlverhalten der mittleren und hohen Frequenzen deutlich verbessert.
Insgesamt klingt die Box nun ziemlich ausgeglichen und vor allem im Mittel- und Hochtonbereich deutlich durchsichtiger. Die durch den Einsatz des Baßreflexrohres verbesserte Tieftonwiedergabe ist ebenfalls deutlich hörbar. Im Vergleich mit einer BR 25 oder 26 ist der Klangunterschied, bis auf die weniger brillianten Höhen (vielleicht exemplarbedingt), nur noch ziemlich gering.


Veränderter Stromlaufplan