B 9271 "Corona"
Zweifelsohne eine der interessantesten Lautsprecherboxen der DDR ist die B 9271 "Corona". Bei ihr handelt es sich um eine 3-Wege Kompakt-Box mit 12 Litern Nettovolumen. Die "Corona" ist wohl die am besten verarbeitete und am aufwendigsten konzipierte Lautsprecherbox, die überhaupt in der DDR gebaut worden ist.
Obwohl die Konzeption und Konstruktion der Box keine grundlegenden Neuerungen aufweist, handelt es sich bei der "Corona" doch um eine technische Neuheit, da sie unter anderem die erste in der DDR produzierte 3-Wege-HiFi-Box ist. Die drei verwendeten Lautsprecher sind allesamt Neuentwicklungen speziell für diese Box. Als Tieftonlautsprecher kommt der L 2621 mit einer Belastbarkeit von 40 VA und einem Korbdurchmesser von 16 cm vom VEB Elektroakustik Leipzig zum Einsatz. Durch den Einsatz dieses Lautsprechers wird in nahezu identischem Boxenvolumen eine tiefere untere Grenzfrequenz und eine geringere Schalldrucküberhöhung im Bereich von 100 Hz gegenüber dem sonst verwendeten L 2921 erreicht. Nachteilig ist jedoch die geringere Kennempfindlichkeit des Lautsprechers, weshalb man für den Betrieb einen leistungsfähigen Verstärker benötigt. Als erstes Mal kommt in einer in der DDR produzierten HiFi-Box ein Mitteltonlautsprecher zum Einsatz. Dieser ist in der "Corona" als 30 mm Gewebe-Kalotte L 9821 mit einer Belastbarkeit von 25 VA ausgeführt. Er verfügt über eine relativ lineare Übertragungskurve, allerdings nur über einen relativ schmalen Frequenzbereich. Vorteilhaft ist weiterhin die gute räumliche Schallverteilung der kleinen, kugelförmigen Membran, von Nachteil jedoch der schlechte Wirkungsgrad, der aber im Gesamtkonzept der "Corona" nicht negativ auffällt. Im Hochtonzweig kommt ebenfalls ein Gewebe-Kalottenlautsprecher L 9811 mit einer Balstbarkeit von 25 VA zum Einsatz. Im Vergleich zur sonst eingesetzten Kalotte L 9801 mit Polycarbonat-Membran ist er höher belastbar klingt etwas weicher, hat aber eine geringere Kennempfindlichkeit. Eine gute räumliche Schallverteilung durch die geringere Bündelung der hohen Frequenzen gegenüber herkömmlichen Konushochtönern zeichnet auch die neue Hochtonkalotte aus. Die drei Lautsprecher sind über eine elektrische Frequenzweiche mit einer Flankensteilheit von 12 dB / Oktave für Tief- und |
Mittelton-, bzw. 18 dB / Oktave für den Hochtonzweig zusammengeschaltet.
Alle Teile der Frequenzweiche, die erstmals hochwertige MKT-Kondensatoren im Hochtonzweig und eine Ferrit-Kern-Spule im Tieftonzweig beinhaltet, sind auf einer Platine untergebracht. Beim Thema Frequenzweiche ist als wichtigster Neuerungspunkt die elektronische Schutzschaltung der Box zu erwähnen und etwas zu erklären. Die Schutzschaltung wurde gebaut um die einzelnen Lautsprecher vor jeglicher Art von Überlastung zu schützen, selbst wenn extreme Überlastungen über einen längeren Zeitraum nicht korrigiert werden.
Die zur Funktion der Schaltung notwendige Spannung wird aus dem Eingangssignal der Box gewonnen, was sich aufgrund des
geringen Strombedarfs nicht hörbar bemerkbar macht. Desweiteren wird die am jeweiligen Lautsprecher anliegende Spannung durch die Schaltung überwacht.
Das Abschalten der Box geschieht, wenn an einem der drei Lautsprecher über eine bestimmte Zeit eine zu hohe Spannung anliegt. Eine weitere Schutzeinrichtung
sorgt dafür, daß der Tieftonlautsprecher bei einer extrem hohen Lautstärkespitze sofort abgeschaltet wird, ohne daß die LED leuchtet. Das verhindert eine
mechanische Zerstörung des Lautsprechers.
Nun noch etwas zur optischen Gestaltung der "Corona". Sie besitzt ein Softline-Gehäuse, das mit Dekorfolie in den Farben schwarz, metallic-alu oder braun beklebt ist, die Front der Box ist immer schwarz. Desweiteren besitzt sie eine abnehmbare, schwarze oder graue Lochblech-Blende, die durch eingestanzte Sicken die Aufteilung in drei Übertragungsbereiche unterstreichen soll. Als letzter optischer Leckerbissen sei hier noch das Typenschild erwähnt, auch wenn man es meistens nicht sieht. Es ist ein 15 x 7,5 cm großes Aluminiumschild auf dem, neben den normalen technischen Angaben, auch noch die Schalldruck-Übertragungskurve abgebildet ist. Die B 9271 "Corona" wurde auf der Leipziger Herbstmesse 1981 das erste mal der Öffentlichkeit vorgestellt. |
Nennbelastbarkeit: 50 W Höchstbelastbarkeit: 75 W Nennscheinwiderstand: 4 Ohm Übertragungsbereich: 40 - 20000 Hz Trennfrequenzen: 1,0 kHz; 5,5 kHz Kennempfindlichkeit: 83 dB Betriebsleistung: 18 W Länge der Anschlußleitung: 5 m Nettovolumen: 12 l Abmessungen (B x H x T): 255 x 350 x 230 mm Masse: 8,0 kg Preis pro Box: 525,- M (silber) / 495,- M (schwarz)
Die Tieftonwiedergabe ist zwar besser als bei anderen 10 Liter Kompaktboxen mit L 29xx Lautsprechern, jedoch nicht vergleichbar mit den Baßreflexboxen, z.B.
der BR-Reihe oder den großvolumigen, geschlossenen Boxen der B 93xx Baureihe. Die Baßwiedergabe ist für eine Kompaktbox dieser Größe zwar relativ tief, weist auch keine so stark ausgeprägte Resonanz bei ca. 100 Hz wie es bei anderen ähnlich großen
Kompaktboxen der Fall ist, ist dafür allerdings ziemlich leise.
Die Mitteltonwiedergabe ist aufrund der erstmals verwendeten Mitteltonkalotte ziemlich gut, jedoch etwas unharmonisch zum Rest des Klangbildes. Die untere Trennfrequenz ist mit 1000 Hz für eine 30-mm-Kalotte deutlich zu niedrig gewählt, weshalb sie dort noch keinen brauchbaren Pegel bringt und somit ein relativ deutlicher Einbruch in der
Übertragungskennlinie zu verzeichnen ist.
Die Hochtonwiedergabe ist sehr angenehm, relativ feinzeichnend und klanglich eher mit den L 71xx als mit den L 98xx Kalotten vergleichbar. Der subjektive Eindruck von zu leisen Höhen und dem dadurch etwas dumpfen Klangbild wird wieder durch eine ungünstig gewählte Übergangsfrequenz zwischen Mittel- und Hochtonkalotte hervorgerufen. Das läßt sich aber problemlos mit dem Klangregler des Verstärkers
korrigieren.
Ein weiterer Grund für die klanglich nicht ganz überzeugende Vorstellung ist sicherlich ein Konstruktionsfehler ab Werk.
Die Frequenzweiche ist mit M4-Metall-Gewindestiften an der Rückwand der Box befestigt. Die Stifte gehen durch die Luftspulen 310 µH und 90 µH im Mittel-
und Hochtonzweig und wirken in den Spulen wie ein Kern, der die Induktivität um ca. die Hälfte erhöht (hab ich nachgemessen).
Die Eindrücke über das Klangbild der Box sind natürlich subjektiv und somit Geschmacksache.
Die Verringerung des Wertes der Reihenspule bei identisch belassener Parallelkapazität im Tieftonzweig bewirkt einen flacheren Abfall bei etwas nach oben verschobener
Trennfrequenz. Dadurch wird ein weicherer Übergang zum Mitteltonzweig erreicht.
Die Weicheränderungen bewirken, daß die Pegeleinbrüche bei den Trennfrequenzen deutlich geringer sind. Insgesamt wird so der vom Mitteltonlautsprecher abgestrahlte Frequenzbereich etwas verkleinert. Weiterhin wird durch die Änderungen erreicht, daß sich das räumliche Abstrahlverhalten der mittleren und hohen Frequezen verbessert.
Insgesamt klingt die Box nun ziemlich ausgeglichen und vor allem im Mittel- und Hochtonbereich deutlich durchsichtiger, wenn auch leise und zurückhaltend. Im Vergleich mit einer BR 26 mit Pegelanpassung ist der Unterschied, bis auf die weniger tiefen Bässe, nur noch ziemlich gering.
Technische Daten:
Stromlaufplan
Übertragungskurve
Klang der Box
Leider hält die "Corona" klanglich nicht, was die aufwendige Konstruktion vermuten läßt. In erster Linie sorgt der geringe Wirkungsgrad im A-B-Vergleich mit
anderen DDR-HiFi-Boxen für einen schlechten Klangeindruck. Aber auch nach einer Pegelanpassung ist das Klangbild, wie man auch leicht an der Übertragungskurve erkennen kann, nicht so ausgeglichen wie es für eine so aufwendig konstruierte Box der Fall sein sollte.
Auch ist die Box aufgrund des großen Membranhubs des Tieftonlautsprechers nicht besonders pegelfest, was aber an DDR-Verstärkern mit 25 Watt Ausgangsleistung nicht
stört.
Ich denke, daß die Entwickler den erstmaligen Einsatz eines Mitteltonlautsprechers in einer DDR-Box mit einem breiten abzustahlenden Frequenzbereich besonders gut rechtfertigen wollten.
Deshalb weichen die im Schaltplan angegeben Spulenwerte von den Werten der eingebauten Weiche ab und verändern so das Trennverhalten der Weiche. Die im Schaltplan anegebenen Werte sind bei ausgebauter Weiche gemessen.
Dieser Effekt wurde von den DDR-Technikern sicher nicht berücksichtigt. Später wurden nur noch Gewindestifte aus Plastik verwendet, die keinen Effekt als Kern haben.
Klangtuning
Um es gleich vorwegzunehemen: Man kann an der Weiche so viel umbauen wie man will, eine BR 50 wird nie dabei herauskommen. Die verwendeten Lautsprecher in diesem Gehäuse lassen keine Klangwunder zu, weshalb man nicht zuviel erwarten sollte. Meine Verbesserungen belaufen sich daher auf Feinabstimmung bei den Trennfrequenzen, die auch die räumliche Schallverteilung verbessern.
Der Mitteltonzweig bleibt eigentlich unverändert, natürlich muß der metallene Gewindestift aus der Spule entfernt werden, damit diese den im Schaltplan angegebenen Wert bekommt.
Die Trennfrequenz des Hochtonzweig wird durch etwas größere Kondensatoren etwas nach unten verlegt und zusätzlich der Metallstift in der Spule entfernt.
Weiterhin habe ich den Reihenwiderstand vor dem Hochtonlautsprecher
entfernt, um dem etwas dumpfen Klangbild des Originals entgegenzuwirken.
Eine weitere Möglichkeit der Klangverbesserung besteht darin, die gesamte Box mit Dämmaterial auszustopfen. Dadurch läßt sich die Resonanz im Bereich von 100 Hz, die sich als Dröhnen störend bemerkbar macht, etwas vermindern.
Veränderter Stromlaufplan